Kiepenheuer & Witsch, 2022, 128 Seiten, 20 Euro
Erck Dessauer, ein junger Mann, der mit Narben in seiner Geschichte (u. a. Selbstmord des Vaters, Nazi-Großvater) und voller Ambitionen nach Berlin kommt, um dort eine akademische Karriere bei einer Koryphäe für Staatsterrorimus der Sowjetunion zu beginnen, trifft in einem Café auf Hans Ulrich Barsilay, einen hochgelobten Nachwuchsautor und Emporkömmling der Berliner Gesellschaft, und dessen Freundin. Angesteckt, nein, provoziert von dessen literarischem Erfolg beginnt auch Dessauer nach Höherem zu streben, kippt „innerhalb von 90 Sekunden" seine Zukunft an der Universität und widmet sich die kommenden Jahre seinem Debut, der Biografie eines Stalinisten. Seine Karriere scheint vielversprechend: Er bekommt einen Vertrag an einem renommierten Verlagshaus; die Berliner Intelligentia schmückt sich mit ihm bei gesellschaftlichen Anlässen; auf Lesungen erhält er Anerkennung und Bewunderung; kurz: Er entwickelt sich zum ernstzunehmenden Konkurrenten Barsilays. Dennoch kann er dies nicht recht genießen: Sein Werdegang ist nicht unbelastet, da Dessauer in einem schwachen, emotional ungezügelten Moment einen gravierenden Fauxpas begeht und sich so selbst das Da-moklesschwert übers berufliche und gesellschaftliche Haupt hängt. Wird Barsilay die Gelegenheit ergreifen und ihn vernichten? Da kommt Dessauer die Fügung zu Hilfe und Schutz... Wer sich für eine kurzweilige Milieustudie, gewürzt mit bitterbösen Intrigen und Opportunismus begeistern kann, kommt an diesem Roman von Maxim Biller nicht vorbei.
S. Gerlach
Stand: 25.09.2022
Am 25.4. verbindet Mine im E-Werk vielfältige Einflüsse mit verschiedenen Sounds und Instrumenten – Alles außer langweilig!