La Mer

„Endlich wieder Meer" von Christiane Franke, Goya Verlag 2022, HC, 288 Seiten, 20,00 Euro

Die erste Berührung mit einem Buch: das Cover. Von oben ranken Weinblätter und Trauben in das Bild. Sie stehen für das Weingut in der Steiermark. Dort lebt Katharina, seit sie während des Studiums Hannes, den Winzer, kennen gelernt hat, und ihren Lebensmittelpunkt nach Österreich verlagert hat. Dann Möwen und ein Segelboot. Sie stehen für die Küste, dort hat ihre Familie eine Werft mit langer Tradition. Doch nun liegt ihr Vater im Koma. Und sie packt sofort die Koffer, kommt zurück nach Hooksiel im Wangerland, nördlich von Wilhelmshaven. Und dort steht sie, wie auf dem Buchcover am Meer. Endlich wieder Meer.

Christiane Franke ist eine bekannte Autorin von Kriminalromanen, sei es allein mit ihren Wilhelmshaven-Krimis, bei denen es gerne Ausflüge nach Wangerooge gibt, oder gemeinsam mit ihrer Autoren-Kollegin Cornelia Kuhnert, mit der sie die Leserschaft jedes Jahr mit einem humorvollen Neuharlingersiel-Krimi erfreut. Nun zeigt die Autorin eine neue Seite. Erzählt eine Familiengeschichte, in deren Mittelpunkt Katharina steht, die natürlich auch auf dem Cover ihren Platz hat. Der Vater, zu dem sie in den letzten Jahren keinen Kontakt hatte, im Koma. Die Werft, wie sie feststellen muss, am finanziellen Abgrund. Zuhause ein quengelnder Ehemann, der überhaupt nicht versteht, warum Katharina so überhastet aufbricht, hat sich der Vater doch überhaupt nicht für das Leben seiner Tochter interessiert. Und auch nicht für die beiden Enkel. Oder doch?

„Endlich wieder Meer" handelt von einer starken Frau, die für sich den richtigen Weg finden will. Die sich mit der Vergangenheit versöhnen will und gleichzeitig Perspektiven für die Zukunft auftun möchte. Dies alles erzählt Christiane Franke in einer völlig glaubwürdigen Art und Weise, und genau dies ist die Stärke des Romans. Die fein ziselierte Karte, die im Hintergrund des Covers durchscheint, gibt den Kurs vor. Das Meer. Und wer will da nicht folgen? Das perfekte, wie ein Aquarell wirkende Cover krönt einen ganz wunderbaren Roman.

Rainer Scheer