"Der erste Mensch" von Xavier-Marie Bonnot. Unionsverlag 2020, Broschur, 344 Seiten, 13,95 Euro
Viele Monate hat er nicht mehr: Hauptkommissar Michel de Palma aus Marseille steht kurz vor der Pensionierung. Doch sein besonderes Interesse wird geweckt, als es in einer der Unterwasserhöhlen vor der Küste der Calanques zu einem mysteriösen Unglücksfall kommt, bei dem ein Taucher stirbt. Es ist nicht nur allein das, was das letzte Foto zeigt, das der Archäologe Rémy Fortin mit seiner Kamera noch hat machen können, es ist für de Palma auch die Verbindung zu einem seiner alten Fälle und grausigen Gewalttaten. Der damalige Täter wurde verhaftet und in eine Psychiatrie eingewiesen. Xavier-Marie Bonnot liefert einen wirklich spannenden und dabei extrem vielschichtigen Kriminalroman. Denn da geht es eben nicht nur um die Aufklärung eines Mordes. Bonnot vermittelt einen Eindruck von Marseille, jene Stadt, in der sein Kommissar lebt. Darüber hinaus liefert der in Paris lebende Autor erschreckende Einblicke in den Umgang mit Patienten in der Psychiatrie in den 60iger Jahren, aufgezeigt an Thomas Autran, jenen Mann, den de Palma seinerzeit dingfest machen konnte. Und auch damals vor 10 Jahren spielten die geheimnisvollen Unterwasserhöhlen eine ganz besondere Rolle, denn in ihnen gibt es Spuren, die in die Frühzeit der Menschheit zurückweisen. Jetzt ist Autran ausgebrochen, abgetaucht, und sehr bald wird de Palma an einen weiteren Tatort gerufen. "Der erste Mansch", entstanden 2013, ist der sechste Fall für Michel de Palma. Im Schweizer Unionsverlag hat der Autor aktuell seine deutschsprachige Heimat und es bleibt zu hoffen, dass der Verlag die weiteren, bislang nicht übersetzten Romane nachlegt. Denn Bonnot schreibt kenntnisreich, liefert viele thematische Verweise und zeichnet ein lebendiges Bild seiner Figuren, allen voran Michel de Palma. Das ist auf vielschichtige Weise sehr intelligente, feinste Krimikost.
Rainer Scheer
Stand: 27.07.2021
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