„Kompass ohne Norden" von Neal Shusterman, aus dem Englischen von Ingo Herzke, Hanser, 346 S., 19 Euro (ab 14 J.)
Im Vorwort erzählt Bestseller-Autor Neal Shusterman von den psychischen Erkrankungen seines Sohnes und eines guten Freundes. Von Angstzuständen, Depression und Schizophrenie. Shustermans Sohn hat die Krankheit überwunden, sein Freund nahm sich das Leben. Schon nach diesen zwei Seiten weiß man: Was jetzt kommt, ist ernst.
Shusterman versucht nachzuempfinden, was in jemandem vorgeht, der unter Schizophrenie leidet. Wie er seine Umwelt und sich selbst wahrnimmt. Welche Gedanken ihn quälen. Dabei konnte der Autor auf die Hilfe seines Sohnes und auf eigene Erlebnisse und Beobachtungen zurückgreifen, dennoch ist er ein Außenstehender. Seine Schilderungen mögen der Realität nahekommen, sind aber trotzdem fiktiv. „Kompass ohne Norden" ist also kein Erlebnisprotokoll, es ist ein Roman. Verwirrend und verstörend, voller Brüche. Eine Lektüre, bei der es den Leser phasenweise gruselt.
Caden, die Hauptfigur, bewegt sich irgendwo zwischen Realität und einer Welt, die nur er selber sieht. Mal nachvollziehbar und klar, mal psychedelisch verschwommen wie in einem bösen Traum. Der Leser weiß nie, ob er dem Erzähler trauen kann und ob Figuren tatsächlich existieren oder nur in Cadens Kopf. Und der Erzähler selbst weiß es auch nicht. Shusterman entwirft eine ebenso faszinierende wie erschreckende Innenwelt – effektvoll, aber ohne effektheischend zu sein. Ganz sicher kein Werk, das auf großen Publikumserfolg zielt. Umso mehr eine Herzensangelegenheit.
Udo Bartsch
Stand: 17.03.2019
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