Schwarz und Weiß

„Darktown", von Thomas Mullen, Dumont, 480 Seiten, 24 Euro

Atlanta im US-Bundesstaat Georgia war ein Knotenpunkt der amerikanischen Südstaaten und der Schauplatz einer entscheidenden Schlacht des Bürgerkriegs. Aber auch nach diesem hatten Schwarze in den USA wenig zu lachen. Noch zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs litten sie unter den Jim-Crow-Gesetzen, die eine Diskriminierung durch Weiße legitimierte. 1948 brauchte Atlantas Bürgermeister für seine Wiederwahl jedoch dringend die Stimmen der afroamerikanischen Gemeinde und versprach ihr, nach seinem Sieg acht schwarze Polizisten zu ernennen. Genau diese historische Begebenheit macht Thomas Mullen zum Aufhänger seines Romans „Darktown". In der packenden Geschichte des 1974 geborenen Autors von „Die Stadt am Ende der Welt" sind die Männer, die ihr Darktown genanntes Viertel als Streifenpolizisten zu einem sichereren Ort machen wollen, Zielscheiben: für den Hass ihrer weißen Kollegen und Mitmenschen; und für die Skepsis, das Misstrauen und die Hoffnung ihrer dunkelhäutigen Nachbarn. Mullen zeigt die hässlichen Fratzen und die komplizierten Gesichter des damaligen Rassismus, der in den USA eine erschreckend historische Qualität hat und der heute trotz aller Fortschritte wieder erstarkt, was sich z. B. in rassistisch motivierter Polizeigewalt äußert. Mullens gute und böse, schwarze und weiße Protagonisten kommen in „Darktown" einer Verschwörung auf die Spur, die sie alle in Schwierigkeiten bringt. Ein fantastischer Cop-Krimi, ein außerordentlicher Südstaaten-Roman, ein starkes historisches Gesellschaftsportrait mit aktueller Relevanz – und neben Matt Ruffs „Lovecraft Country" der wichtigste Roman des Jahres bezüglich der ungeheuerlichen Geschichte des Rassismus in den USA.

Christian Endres