„Gun Love", von Jennifer Clement, Suhrkamp, 252 S., 22 Euro
Derzeit schicken einige Autoren kriminell junge Protagonisten auf Konfrontationskurs mit der rauen Wirklichkeit von Gangs und Gewaltverbrechen. Der Engländer Alex Wheatle führt in „Die Ritter von Crongton" (Kunstmann, 18 Euro) so etwa zum zweiten Mal in sein fiktives Viertel, das mit der allgegenwärtigen Bandenkriminalität reale britische und amerikanische Einflüsse verarbeitet. Als Erzähler fungiert diesmal jedoch ein anderer der Jungs aus dem ersten Band „Liccle Bit", die Probleme und die Prosa sind dennoch vertraut. Auch Bill Beverly, der amerikanische Literatur und kreatives Schreiben unterrichtet und über flüchtige Kriminelle forscht, widmet sich in seinem Romandebüt „Dodgers" (Diogenes, 24 Euro) jungen Gangstern. Vier von ihnen verlassen L.A. für einen Roadtrip quer durch die Staaten, um im Auftrag ihres Bosses einen Zeugen umzulegen. Coole Prämisse, guter Sound, aber in der szenischen Umsetzung nicht immer überzeugend. Absolut überzeugen kann dafür „Gun Love" von Jennifer Clement. Ihren schmalen Roman siedelt die 1960 geborene Amerikanerin im Niemandsland Floridas an, dem literarischen Hoheitsgebiet der schrägen Typen aus den Werken von Harry Crews und Carl Hiassen. Das vierzehnjährige Albino-Mädchen Pearl und seine junge Mutter leben seit Pearls Geburt in einem stillgelegten Auto, das vor einem Trailerpark in der Nähe eines alligatorenverseuchten Flusses steht. Zwielichtige Waffengeschäfte in ihrem Umfeld sowie der gefährliche neue Liebhaber ihrer Mutter werfen Pearls sowieso schon ungewöhnliches Leben vollends aus der Bahn. Aus diesem Plot strickt Clement ein geradezu poetisches modernes Südstaaten-Märchen, das den Alltag eines Amerikas einfängt, zu dem Waffen, Kriminalität, Versehrtheit und Armut gehören. Ein unendlich trauriges, aber auch schönes, poetisches und starkes Buch.
Christian Endres
Stand: 10.10.2018
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