Film
 

An einem schönen Morgen

An einem schoenen Morgen - Léa Seydoux - Melvil Poupaud - Camille Leban Martins

Filmstart: 8.12.; Regie: Mia Hansen-Løve,
Besetzung: Léa Seydoux, Pascal Greggory, Melvil Poupaud, Nicole Garcia u.a.

Mit ihrem Bubikopf-Haarschnitt erinnert sie an Jean Seberg in „Außer Atem". Und wie sie ist Sandra (Léa Seydoux) viel in Paris unterwegs. Nach dem Tod ihres Mannes vor fünf Jahren erzieht die Mittdreißigerin ihre Tochter Linn (Camille Leban Martins) alleine, arbeitet als Übersetzerin für Deutsch und Englisch und kümmert sich liebevoll und mit viel Geduld um ihren Vater Georg (Pascal Greggory). Der ehemalige Philosophieprofessor leidet an einer seltenen Krankheit, die ihn ähnlich wie bei Alzheimer langsam ins Vergessen driften lässt. Unterstützt wird sie von ihrer Mutter Françoise (Nicole Gracia), die seit Jahrzehnten von Georg geschieden ist.
Bewegung kommt in Sandras Leben, als sie ihren alten Kumpel Clément (Melvil Poupaud) wieder trifft und eine Affäre mit ihm beginnt, obwohl der Kosmochemiker verheiratet ist und einen Sohn hat. Und trotz großer Nähe zu Sandra tut sich Clément schwer, sich von Frau und Sohn zu lösen. Nachdem der Zustand Georgs immer schlimmer wird, muss dringend ein Pflegeheim für ihn gefunden werden, doch das ist in Frankreich (wie in Deutschland) nicht so einfach; Georg landet vorübergehend im Krankenhaus.
Wieder einmal hat die französische Filmemacherin Mia Hansen-Løve („Bergman Island") einen stillen, hoch sensiblen Film nach einem eigenen Drehbuch vorgelegt. In „An einem schönen Morgen" verarbeitet sie ihre eigenen Erfahrungen mit ihrem kranken Vater und erzählt von einer alleinstehenden Frau, die zwar mit beiden Beinen im Leben steht, die aber dennoch auf der Suche ist, vor allem nach Liebe und Nähe. Und die mit ansehen muss, wie sie ihren geliebten Vater allmählich verliert. Das und die komplizierte Beziehung Sandras zu Clément erzählt Hansen-Løve in ruhigen Einstellungen. Ein stilles Drama über Nähe, Liebe und Abschied, bei dem die wunderbare Léa Seydoux („Crimes of the Future", „Kein Zeit zu sterben") einmal mehr über sich hinauswächst: Sie gibt ihrer Figur durch winzige Blicke und Gesten eine ungeheure Tiefe.

Martin Schwarz

Stand: 22.11.2022

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