Rimini

Kinostart: 6.10.; Regie: Ulrich Seidl
Besetzung: Michael Thomas, Tessa Göttlicher, Hans-Michael Rehberg, Inge Maux u.a.

Ob nun bei seinen Dokumentarfilmen wie zuletzt „Safari" oder bei seinen Spielfilmen wie der „Paradies"-Trilogie: Österreichs Starregisseur Ulrich Seidl geht immer dahin, wo es wehtut und verstört. Für seinen neuen Film, der im Wettbewerb der Berlinale zu sehen war, hat es ihn in die italienische Adria-Metropole Rimini verschlagen. Aber nicht bei Sonne, vollen Stränden und Massenaufläufen, sondern in der kalten Jahreszeit. Und da gibt es wohl wenige noch trübseligere Orte wie diesen, wie uns in tristen Panoramen ausführlich vorgeführt wird.
Doch einer, der hält hier wacker durch: Richie Bravo (großartig schmierig: Michael Thomas). Der Typ mit der unverwüstlichen Vokuhila-Frisur war einst ein gefeierter Schlagersänger. Doch ach, der letzte große Hit ist lange her, und so kann sich der in die Jahre gekommene Entertainer nur finanziell über Wasser halten, indem er vor herangekarrten deutschsprachigen Bustouristen seine Halbplaybackshow zelebriert und von den älteren Frauen angehimmelt wird. Eine Veranstaltung, bei der sich alle Beteiligten mit Wonne in der viel glorreicheren Vergangenheit tummeln. Und nebenbei betätigt sich Bravo auch noch also Gigolo für reife Damen mit entsprechendem Geldbeutel.
Bewegung kommt in Bravos Leben, als plötzlich seine erwachsene Tochter Tessa (Tessa Göttlicher) mit ihrem Lover vor ihm steht. Und die hat von den Versprechungen ihres Vaters gehörig die Schnauze voll und verlangt die jahrelang nicht bezahlten Unterhaltskosten. Richie Bravo verspricht ihr, das Geld aufzutreiben.
Eines darf man Ulrich Seidl nicht unterstellen: Er stellt seine Protagonisten niemals bloß, sondern beobachtet in gewohnt ruhigen Einstellungen das zum Teil verzweifelte Lebensgewurschtel seiner Figuren. Und die wachsen einem trotz ihrer vielen Fehler doch irgendwie ans Herz. So ist halt jeder auf der stetigen Suche nach ein bisschen Glück. Übrigens hat Ulrich Seidl als Kind in Rimini so manchen Badeurlaub verbracht.

Martin Schwarz