Trübe Wolken

Filmstart: 24.2.; Regie: Christien Schäfer; Darsteller: Jonas Holdenrieder, Devid Striesow, Valentino Fortuzzi

Paul gilt als Sonderling in seiner Schule. Der hochsensible 17-Jährige findet einsame Schleichwege und verlassene Gebäude spannend, ebenso wie liegengelassene Taschen oder geflüsterte Gespräche.
Dank seiner Fantasie zimmert sich der Teenager Fassaden der ziemlich perfekten Art. Für die Mitschülerin spielt er den verliebten Romantiker. Beim Kunstlehrer gibt er den feinsinnigen Intellektuellen. Zuhause mimt er den Sohn ohne Fehl und Tadel. Paul ist ein meisterhaftes Chamäleon, das durch die gemütliche Provinz schleicht. Doch die Idylle trügt. Ein Steinewerfer verbreitet Schrecken in der Nacht unter den Autofahrern. Zudem wird ein neuer Schüler tot im Wald aufgefunden. Die Mordkommission ermittelt. Nun braucht das Chamäleon dringend eine weitere Fassade. Die gute alte Coolness ist jedoch dahin, seit ein überraschender Kuss den verblüfften Gymnasiasten völlig aus der Bahn geworfen und in Panik versetzt hat. So verschroben der einsame Held, so versponnen fällt die Erzählung der Geschichte aus. Rigoros setzt Jungfilmer Christian Schäfer bei seinem Debüt auf Stimmungen und Atmosphäre. Düstere Bilder erzählen mehr als tausend Worte, zumal bei einer geheimnisvollen Geschichte. Nicht umsonst nennt Schäfer die Indie-Ikone Gus Van Sant als großes Vorbild für seinen Coming-of-Age-Thriller. Wie der Arthouse-Altmeister kann sich auch der Anfänger auf einen charismatischen Hauptdarsteller verlassen: Jonas Holdenrieder präsentiert den introvertierten Außenseiter auf Psychotrip mit beängstigender Intensität sowie reichlich Gänsehaut-Potenzial. Seine Tour de Force mit maximalem Minimalismus brachte dem 22-Jährigen den Ophüls-Preis als Bester Nachwuchsdarsteller ein. A star is born könnte man sagen. Der talentierte Münchner hatte freilich zuvor schon einen Auftritt mit Klassikerqualitäten: Er war jener Schüler, der in „Fack ju Göhte" im Süßwaren-Automat eingeklemmt ist.

Dieter Oßwald