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„Ich bin bestimmt auch ein guter Verdränger“ - Interview mit Daniel Brühl

Daniel Brühl

Interview mit Daniel Brühl zum Drama „My Zoe"
Filmstart: 14.11. -

Mit „Good Bye, Lenin!" erlebte Daniel Brühl seinen Durchbruch. Es folgten Filme wie „Die fetten Jahre sind vorbei", „Krabat" oder „John Rabe". Auch international steht der 41-Jährige regelmäßig vor der Kamera: Ob mit Julie Delpy in „2 Tage Paris", mit Brad Pitt in Quentin Tarantinos „Inglourious Basterds" oder der Verfilmung des Marvel-Comics „The First Avenger: Civil War" mit Robert Downey Jr. und Scarlett Johansson. Im Drama „My Zoe" von und mit Julie Delpy schlüpft Brühl in die Rolle eines dubiosen Arztes, der in naher Zukunft die Menschen klonen kann. Erstmals übernimmt der Schauspieler auch die Funktion des Produzenten. Mit Daniel Brühl, der in Berlin zudem sein eigenes Restaurant betreibt, unterhielt sich unser Mitarbeiter Dieter Oßwald.

Doppelpunkt: Herr Brühl, wie sind Sie zum Produzentenjob gekommen?
Brühl: Ich bin ein großer Fan von Julie, wir sind seit langem befreundet. Von diesem Stoff war ich sofort begeistert, umso mehr wunderte mich, dass es solche Probleme gab, das Projekt zu realisieren. Zu der Zeit hatte ich mit Malte Grunert gerade unsere gemeinsame Produktionsfirma Amusement Park Film gegründet und ich dachte: Fantastisch, dann wird das unser erstes Projekt.
Doppelpunkt: Damit sind Sie zugleich der Kapo am Drehort....
Brühl: Leider nicht, Julie hat absolut die Hosen an. Sie ist beim Drehen voll die Chefin, ich habe da wenig zu melden. (Lacht). Zum Glück war mein Partner Malte da, der etwas mehr Produzenten-Status ausstrahlt. Als Schauspieler hatte ich ohnehin genügend zu tun. Wobei ich bewundere, wie Julie diese Doppelfunktion meistert, zumal diese Rolle in einer für sie so persönlichen Geschichte ohnehin nicht ganz einfach ist.
Doppelpunkt: Sie sind selber Vater, wie persönlich nehmen Sie das Thema des Films?
Brühl: Als ich das Drehbuch in einem Café gelesen habe, fing' ich echt an zu heulen. Normalerweise passiert mir so etwas höchst selten, so nah am Wasser bin ich nicht gebaut. Aber das war zu der Zeit, als meine Frau schwanger war und wir auf unseren ersten Sohn gewartet hatten. In dieser Situation hat mich diese Geschichte natürlich noch mehr umgehauen. Die nachvollziehbare Verrücktheit dieser Idee hat mich absolut fasziniert: Das Kind, das gestorben ist, könnte man durch Klonen nochmals haben. Was würde man selber tun, wenn es diese Möglichkeit gäbe?
Doppelpunkt: Was würden Sie denn selber tun?
Brühl: Für mich ist das ein Horror-Gedanke. Ich wollte keinen Klon meines Sohnes haben wollen. Gleichwohl finde ich es interessant, mit diesen Gedanken zu spielen. Wissenschaftlich dürfte das in naher Zukunft sicher machbar sein. Wer weiß, wie sich unsere heutigen Werte dann vielleicht verschieben werden.
Doppelpunkt: Haben Sie sich im Darknet informiert über den Stand der Wissenschaft in Sachen Klonen?
Brühl: Julie hat das getan und sehr viel Material über das Thema gesammelt, das sie mir gegeben hat. Zum Teil furchterregende Artikel und wissenschaftliche Studien über das, was wohl bereits in Russland oder China ausprobiert wird. Wir steuern insgesamt auf ziemlich wahnwitzige Szenarien zu. Wenn ich die erste Staffel von „Black Mirror" anschaue, habe ich das Gefühl, das ist längst schon überholt. Ich kann nur hoffen, dass sich die Wogen etwas geglättet haben, wenn mein Söhnchen älter ist
Doppelpunkt: Dann klont das Söhnchen vielleicht seinen Papa...
Brühl: Um Gottes willen, bloß das nicht! (Lacht)
Doppelpunkt: Dem Arzt, den Sie spielen, scheinen seine Experimente auch nicht ganz so geheuer. Wie sehen Sie die Figur?
Brühl: Ambivalente Figuren finde ich immer spannend. Auf der einen Seite ist der Arzt ein Doktor Frankenstein, der von wissenschaftlicher Neugier und Ambition angetrieben ist und der erste sein will, dem diese Sensation gelingt. Andrerseits hat auch er Zweifel und Bedenken bei diesem Experiment. Wobei „My Zoe" das Thema gar nicht im üblichen Science Fiction-Stil präsentiert, hier wirkt das alles ziemlich realistisch, fast schon ganz normal.
Doppelpunkt: Wie gehen Sie mit Themen Trauer und Tod um, die gerne verdrängt werden?
Brühl: Ich bin bestimmt auch ein guter Verdränger. Aber ich habe ein Umfeld, in dem über solche Themen geredet wird. Allen voran meine Frau, bei der es ganz praktisch ist, dass sie Psychologin ist. (Lacht). Es tut ja auch gut, offen über Dinge zu sprechen, von denen man zunächst glaubt, man sollte sie besser verdrängen. Ein Film wie „My Zoe" kann da ganz gut als Auslöser für Diskussionen dienen.
Doppelpunkt: Wie geht es mit dem Produzenten-Job weiter?
Brühl: Wir wollen „Die Blechtrommel" als Serie entwickeln. Zudem gibt es ein Projekt, wofür Daniel Kehlmann nach einer Idee von mir das Drehbuch geschrieben hat und bei dem ich im Frühjahr erstmals die Regie übernehme. Das wird richtig heftig, mir geht da schon jetzt so eine positive Flatter, wenn ich daran denke. Ob ich in Zukunft weitere Filme inszeniere, wird man sehen. Ich erlebe ja ständig, wie viel Kraft es kostet, Regie zu führen. Da ist es manchmal ganz schön, nur Schauspieler zu sein.
Doppelpunkt: Sind Schauspieler die besseren Regisseure?
Brühl: Nach meinen bisherigen Erfahrungen war das tatsächlich so, Regisseure mit eigener Schauspielerfahrung wissen meist besser, wie sie mit Darstellern kommunizieren sollen. Man spricht die gleiche Sprache, was doch sehr hilfreich sein kann.
Doppelpunkt: Lohnt der Produzenten-Job neben dem kreativen Einfluss nicht vor allem auch finanziell?
Brühl: Das denkt man immer! Das war auch meine Hoffnung, jetzt kommt automatisch die Segel-Yacht. Bei einigen wenigen Produzenten mag das so sein, tatsächlich aber ist das echt ein harter Job. Geld sollte nicht da die Motivation sein - ich jedenfalls lebe besser von meinen Gagen als Schauspieler.
Dieter Oßwald

Stand: 13.11.2019

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