Girl

Filmstart: 18.10.; Regie: Lukas Dhont
Darsteller: Victor Polster, Arieh Worthalter, Oliver Bodart u.a.

Lara (Victor Polster) ist 15, groß, schlank, sehr feminin. Sie hat einen sechsjährigen Bruder, beide sind gerade mit ihrem Vater Mathias (Arieh Worthalter) nach Brüssel umgezogen, damit sie eine der besten Ballettschulen des Landes besuchen kann, denn Lara will Primaballerina werden. Was in ihrem sozialen Umfeld offenbar jeder weiß: Lara hieß früher Viktor und war ein Junge, doch so hat sie sich nie gefühlt. Nun erhofft sie von der Hormonbehandlung eine Veränderung ihres Körpers und sehnt die große Operation herbei, die aber erst in zwei Jahren stattfinden kann.
Autor und Regisseur Lukas Dhont schildert ganz unaufgeregt den Alltag des Teenagers: den Stress bei den Ballettproben, die Besuche bei den Ärzten, die langsame Annäherung an einen Nachbarsjungen. Und er erspart uns weitgehend, dass Lara von ihrer Umwelt primitiv angefeindet wird, schildert die belgische Gesellschaft als aufgeklärt und liberal.
Trotzdem ist Lara natürlich mitten in der Pubertät mit all den Gefühlsanwandlungen. Auch hier erzählt Dhont keine emotionalen Exzesse, sondern passt sich in seiner Inszenierung der introvertierten Mentalität seiner Hauptfigur an. Trotz größter Anstrengungen gerät Lara bei den sehr fordernden Ballettproben an ihre nicht nur körperlichen Grenzen. Schließlich muss sie sich auf Anraten der Ärzte entscheiden: Ballettkarriere oder Operation.
So eine Geschichte steht und fällt mit der Hauptrolle, und da legt der erst 16-jährige Victor Polster eine unfassbare Performance hin. Jeder Blick seiner wortkargen Figur sitzt, dazu besticht der junge Mann durch erstaunliche Ballettkünste. Ein intensives Drama, das zeigt: Möge die Umgebung noch so tolerant sein, den größten Kampf trägt eine Person wie Lara in sich selber aus.

Martin Schwarz