Filmstart: 3.10.; Regie: Florian Henckel von Donnersmarck
Darsteller: Tom Schilling, Sebastian Koch, Paula Beer, Saskia Rosendahl, Oliver Masucci u.v.a.
Der Output des Florian Henckel von Donnersmarck hält sich in argen Grenzen. In zwölf Jahren hat der 45-jährige Autor und Regisseur genau drei Langfilme inszeniert, aber die haben es alle in sich. 2007 gewann „Das Leben der Anderen", ein Stasi-Drama, das besonders in Ostdeutschland umstritten ist, den Auslands-Oscar. 2011 inszenierte von Donnersmarck dann „The Tourist" mit Angelina Jolie und Johnny Depp und handelte sich zum Teil hämische Kritiken für diesen Megaflop ein. Und nun also „Werk ohne Autor": 188 Minuten lang, in den kleinsten Nebenrollen mit Hochkarätern wie Jonas Dassler, Hinnerk Schönemann oder Jeanette Hain besetzt, Jahrzehnte an Handlung überbrückend – ein echter Klopper. Im Zentrum des Geschehens steht Kurt Barnert (Tom Schilling), deutlich angelehnt am berühmten Maler Gerhard Richter. Kurt macht als Kind zur Nazizeit eine traumatische Erfahrung, als seine über alles geliebte Tante Elisabeth May (Saskia Rosendahl) wegen ihrer sehr unkonventionellen Art in der Psychiatrie landet, sterilisiert und später innerhalb des Euthanasie-Programms der Nazis ermordet wird. Verantwortlich für diese monströse Tat: Professor Carl Seeband (Sebastian Koch), ein überzeugter Nazi, mit dem Kurt fortan eine schicksalhafte Beziehung verbindet – ist es doch ausgerechnet Seebands wunderschöne Tochter Ellie (Paula Beer), in die sich Kurt unsterblich verliebt – was bald auf Gegenseitigkeit beruht. Seeband Senior torpediert diese Beziehung mit allen Mitteln, einer der Gründe, warum Kurt und Ellie Anfang der 60er-Jahre aus der DDR in den Westen übersiedeln und Kurt ein Kunststudium an der berühmten Hochschule in Düsseldorf beginnt. Dort begegnet er nicht nur Günther Preusser (aka Günther Uecker, gespielt von Hanno Koffler), sondern auch Professor Antonius van Verten (aka Joseph Beuys, gespielt von Oliver Masucci). Und schließlich ist es dann soweit: Nach einigen Versuchen findet Kurt Barnert die Art Kunst, die für ihn die richtige ist: das Abmalen und Verfremden von Fotos. Doch Professor Seeband, inzwischen ebenfalls im Westen, der lässt Kurt nicht los. All dies ist sorgfältig inszeniert, toll gespielt – und doch beschleicht einen bald ein merkwürdiges Unbehagen beim Sehen. Das Problem: Der gebildete Florian Henckel von Donnersmarck (er hat unter anderem in Oxford Politikwissenschaften und Philosophie studiert und spricht offenbar fünf Sprachen) möchte beides: großes Arthouse und großen Mainstream. Also entwirft er ein Szenario mit ganz viel Platz zur Deutung, doch diesen Platz stopft er mit seiner Inszenierung, die keinerlei Freiräume zum Selber-denken lässt, wieder zu. Hier wird einem jede Kleinigkeit genau vorgekaut – von der Vergasung Tante Elisabeths und die Bombardierung Dresdens, dies auch noch in einer fragwürdigen Montage, bis zu Beuys' Legende vom Abschuss im Zweiten Weltkrieg – und in vielen mundgerechten Stücken serviert, von denen jede einzelne schreit: Ich bin bedeutsam! Man droht vor lauter gediegen in Szene gesetzter „Message" zu ersticken.
Martin Schwarz
Stand: 10.09.2018
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