303 - von Martin Schwarz

Filmstart: 19.7.; Regie: Hans Weingartner
Darsteller: Mala Emde, Jan Spieker, Arndt Schwering-Sohnrey u.a.

Hans Weingartner: ein streitbarer Querkopf, ein Überzeugungstäter, ein links denkender Österreicher mit langjähriger Wahlheimat Berlin. Bereits seine Filme „Die fetten Jahre sind vorbei", „Free Rainer" und „Die Summe meiner einzelnen Teile" waren gespickt mit Kritik am Kapitalismus. Hier die Entführung eines Industriellen, dort der Kampf gegen die Fernsehverdummung, da die Geschichte eines Komplett-Aussteigers.
Und nun also „303", dieses über drei Jahre entstandene Roadmovie. Das uralte Wohnmobil Marke Mercedes Hymer 303 (in der Realität: 308) von Jule (Mala Emde) ist ein kultiger Oldtimer. Nachdem sie gerade ihre Zwischenprüfung in Biochemie versemmelt hat, startet sie mit dem Gefährt einen Trip von Berlin Richtung Portugal. Dort hat sie mit ihrem Lover Wichtiges zu klären: Jule ist schwanger, ihre Mutter rät zur Abtreibung. Auf einem Rastplatz wird sie von dem ebenfalls 24-jährigen Jan (Anton Spieker) angesprochen, ob sie ihn ein Stück mitnehmen könnte. Jan studiert Politik und will nach Nordspanien, um erstmals seinem leiblichen Vater gegenüberzutreten. Was beide noch nicht wissen: Dies ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft – oder sogar mehr?
Und wo steckt nun die Weingartnersche Message? Ganz einfach: Weingartner und seine Koautorin Silke Eggert verwickeln ihre beiden Protagonisten während ihrer sommerlich durchfluteten Tour durch Belgien, Frankreich und Spanien in endlose Diskussionen über buchstäblich Gott und die Welt. Das Kunststück: Gerade diese Sequenzen sind wegen ihres Gehalts extrem unterhaltsam und erinnern, auch von der Personenkonstellation her, an Richard Linklaters „Before Sunrise" - das filmische Vorbild von Weingartner. Allerdings lässt er sich und dem jungen Paar deutlich mehr Zeit als sein US-Kollege: Ganze 145 Minuten dauert dieser Trip in den Süden. Und man sieht diesen beiden Menschen gerne bei ihrer Reise ins Erwachsenwerden zu, reflektiert während der Diskussionen seine eigenen Sichtweisen – und bekommt Lust auf Urlaub.

Martin Schwarz