Filmstart:14.6.; Regie: Ann Carolin Renninger und René Frölke
Mehr Nichts wagen – das gerät zum Motto dieser eigenwillig minimalistischen Doku der meditativen Art. Ein Jahr lang wird ein fast 90jähriger Bauer auf seinem Hof beobachtet. Mit quietschendem Rollator schiebt sich der Alte durch die Feldwege. Die treue Katze stets mit dabei. Täglich füttert er sein Federvieh. Bisweilen kommt Besuch. Das war's schon fast in des Landwirts ruhig fließendem Leben. Der Bauer hat Zeit wie Heu. Die nimmt sich diese Doku ebenfalls. Zwei Minuten einfach nur der schlichte Blick auf tickenden Uhren. Oder sehr lange Einstellung auf Bäume und Wiesen – als solle man das Gras wachsen hören. Eineinhalb Stunden Urlaub im Kino. Der entschleunigste Film des Jahres. Willi will's wissen: „Du verbrauchst so viel Film, und was hast du in Wirklichkeit aufgenommen? Gar nichts!", belehrt er seine Regisseurin Ann Carolin Renninger. Ihr ging tatsächlich wieder einmal mitten in der Szene das Filmmaterial aus. Wer ausschließlich auf Super-8- und 16mm-Material setzt, gerät bei längeren Sequenzen bisweilen ins Schlingern. Die logistische Not macht die Erstlingsfilmerin zur künstlerischen Tugend: Wenn die Filmvorräte verbraucht sind, muss eben ein schwarzes Bild als Lückenfüller dienen. Die Tonspur läuft weiter - und mit ihr die Fantasie des Publikums. Je häufiger das passiert, desto trainierter die Zuschauer. Irgendwann wartet man fast schon regelrecht darauf, dass eine Super-8-Kassette endlich wieder aufgebraucht ist und die kleine Pause kommt! Noch besser funktioniert der Spezialeffekt mit jener sechzig Jahre alten Kurbelkamera, die maximal eine Einstellung von 24 Sekunden ermöglicht. So großartig können kleine Geschichten ausfallen, wenn teilnehmende Beobachtung derart clever konzipiert und gelassen umgesetzt wird. Ein bewegendes Kinoerlebnis der etwas anderen Art.
Dieter Oßwald
Stand: 15.05.2018
Am 25.4. verbindet Mine im E-Werk vielfältige Einflüsse mit verschiedenen Sounds und Instrumenten – Alles außer langweilig!