Pearl & The Oysters

Das französisch-amerikanische Duo Juliette Pearl Davis und Joachim Polack sind als Pearl & The Oysters unterwegs und bezaubern auf „Coast 2 Coast" (Stones Throw Records/Rough Trade) mit eklektischem, elektronischem, entspannt-funkig-groovendem Zuckerwatte-Fusion-Pop nahe am Ohrwurm mit reichlich Vintage-Synthesizer-Equipment. Kennengelernt auf der High School in Paris waren sich sofort über ihre gemeinsame Liebe zum Jazz der 70er und zum Space-Age-Pop der 90er einig. „Im Laufe der Zeit haben wir eine Art Telepathie entwickelt, einen sechsten Sinn, der uns erahnen lässt, was der andere denkt oder sagen will. Das ist ehrlich gesagt ziemlich erstaunlich - und unheimlich." Joachim studierte klassische Komposition und Jazzklavier am Konservatorium, Juliette veranstaltete Bebop-Abende in Clubs, wo sie sang und Trompete spielte. Gemeinsam machten sie Popmusik, aber es fühlte sich an, als wären sie Fremde in ihrer Heimatstadt, die im Widerspruch zur lokalen Musikszene stand. Beide wuchsen mit amerikanischer Popkultur auf und haben eine amerikanische Familie, so zogen sie folgerichtig in die USA. In Gainesville, Florida, tauchten Juliette und Joachim in eine DIY-Szene ein, die „gleichermaßen von japanischer Fusion der 70er Jahre und piepsigen Space-Age-Sounds begeistert waren". Sie machten Lo-Fi-Musik, zogen weiter nach Los Angeles und bastelten an ihrem quietschbunten Cocktail aus Soundästhetik und Bilderwelten. Unterstützt von Lætitia Sadier (Stereolab), Riley Geare (Unknown Mortal Orchestra, Caroline Rose, La Luz), Alan Palomo (Neon Indian), Dent May und Alex Brettin (Mild High Club) und Juliettes Vater, einem Jazzmusiker, der Vibraphon spielte. „Thematisch wurden wir stark von unserem eigenen Umzug von Florida nach Kalifornien inspiriert, so dass „coast to coast" tatsächlich wörtlich genommen werden kann, um unsere turbulente Reise vom Atlantik zur Pazifikküste zu beschreiben, wobei eine Hälfte des Albums 2019 in Gainesville aufgenommen wurde, die andere 2020 in Los Angeles ge-schrieben und produziert. Zudem sollte der Albumtitel auch auf das Konzept der ewigen Wiederkehr, Geburt und Tod und die sich wiederholenden Zyklen der Natur anspielen", sagen sie. Und zum Stilkonzept: „Musikalisch haben wir versucht, zwei unserer ästhetischen Obsessionen miteinander in Einklang zu bringen und ein hybrides Objekt zu schaffen, in dem der Jazz-Pop der 70er Jahre (insbesondere City-Pop, AOR und brasilianische Platten) auf die Ära der Beach Boys sowie auf die Soundreisen trifft, die in Exotica-Alben verpackt sind. Tatsächlich ist dieses Album in vielerlei Hinsicht die Manifestation einer doppelten Hommage an Haruomi Hosono und den Space-Age-Pop der 90er Jahre, die beide einen ähnlichen kosmopolitischen Geist und eine allgemeine Vorliebe für das Eklektische teilen", klären sie auf. „Wir haben uns bewusst für einen Titel mit offenem Ende entschieden, der sich für verschiedene Interpretationen eignet, um die ästhetische Bandbreite des Albums widerzuspiegeln. Während diese Platte also in erster Linie die Idee des Reisens - sowohl physisch als auch mental, sowohl erlebt als auch phantasiert - erforscht, geht es auch um Schlaflosigkeit und den Traumzustand, das Vergehen der Zeit, die Trauer um die ursprüngliche Natur, aber auch um das Wunder der Phonographie und der Radioübertragung". Schließlich haben sie ihren Frieden und Zuhause gefunden: „Nachdem wir so oft umgezogen sind, haben wir das Gefühl, dass wir überall und nirgendwo zu Hause sind. Vielleicht schreiben wir deshalb so gerne Lieder über Orte, an denen wir uns wohl fühlen. Jetzt haben wir dieses Gefühl von „Zuhause" in uns selbst gefunden".

Jürgen Parr