Bunt-schriller, exaltierter und überdrehter hyperaktiver, hiphoppiger Electro-Pop mit enzyklopedischem Stil-Input ist das natürliche Terrain der Zeichentrickbande Gorillaz. Für ihr siebtes Studioalbum "Song Machine: Season One - Strange Timez" (Parlophone/Warner) hat die virtuelle Band allerhand zwischen Punkrock, Bossa Nova, Synth-Pop, 80er New Wave, Mellow Rap, Elektronik und Downtempo zusammengepresst. Jeder Track ist eine Zeichentrick-Episode, die ganze Packung aber nicht konzeptionell-konsistent zusammenhängend. Zahlreiche Gäste wie Robert Smith, Beck, Leee John, Schoolboy Q, St. Vincent, Elton John, Peter Hook, Octavian, Slaves, EarthGang, Joan as Police Woman, Unknown Mortal Orchestra oder auch der jüngst verstorbene Tony Allen zeigen die Gegensätzlichkeit von Genre und Stilistik, aber auch die Gemeinsamkeiten des Albums: kreative Outsider mit eigenem Kosmos. Natürlich kann man Albarn immer Stil- und Genreimperialismus und Exploitation vorwerfen, aber keiner fügt so spielerisch-charmant zusammen, was nicht unbedingt zusammengehört. In dieser kunterbunten Sammlung stechen vor allem das popcharmante "Chalk Tablet Towers" mit St. Vincent und Damon Albarn in Bestform, das New Order-Gedächtnis-Teil "Aries" heraus, in dem Peter Hook so richtig schön New Orderisch seinen Hook'schen Bass dengeln darf (der beste New Order-Song seit langem, den New Order nicht geschrieben haben!), oder auch der wolkige Wave-Rap "Friday 13th" mit einem lässigen Storyteller Octavian, die melancholisch-schwülstige Altherrenballade "The Pink Phantom" mit Sir Elton John und 6LACK, die ein herrlich-schräger CultureClash aus Albarn'scher Traurigkeit und Elton John'schem Vegas-Glitzerbombast ist. Ein typisches Gorillaz-Crossover-Album, das eigentlich gar keines werden sollte.
Jürgen Parr
Stand: 01.12.2020
Am 25.4. verbindet Mine im E-Werk vielfältige Einflüsse mit verschiedenen Sounds und Instrumenten – Alles außer langweilig!