Der gute alte Fado wird also neu kartographiert und interpretiert. Raül Refree, der als einer der innovativsten Produzenten Europas gilt (Rosalía, Sonic Youth's Lee Ranaldo), der auch schon den Flamenco ins 21. Jahrhundert katapultiert hat, trifft auf die portugiesische Fado-Künstlerin Lina, die für ihre einnehmenden Interpretationen von Amália Rodrigues klassischem Repertoire bekannt ist. Analoge Synthies und gedämpfte Klavier- und Sound-Klänge statt Standard-Gitarre dominieren auf „Lina_Raül Refree" (Glitterbeat), die Verbindung von alten Songstrukturen und instrumentalen Traditionen wird aufgelöst. Lina und Raül haben die Melancholie und den Schmerz der Poesie des Fado erhalten, aber die Saudade in einen neuen Kontext übersetzt. „Wir wollten etwas machen, das nicht dasselbe ist, ein Sound, der die Regeln bricht. Und – ich kann nichts singen, was ich nicht fühlen kann. Wir haben weder die Worte noch die Melodien der Lieder verändert", erklärt Lina. Refree gibt ihr Raum und Freiheit, er hüllt Stimme und Stimmung subtil in ambiente, reduzierte-karge Soundarchitektur ein, und ihnen gelingt übezeugend, den Fado aktualisiert zu haben, ohne dessen Wurzeln und Essenz zu vergessen.
Jürgen Parr
Stand: 12.03.2020
Am 25.4. verbindet Mine im E-Werk vielfältige Einflüsse mit verschiedenen Sounds und Instrumenten – Alles außer langweilig!