Kinostart: 18.12., Regie: Eva Victor;
Darsteller: Eva Victor, Naomi Ackie, Lucas Hedges
„Wir verstehen Sie! Wir sind Frauen!“, betonen die beiden Mitarbeiterinnen der Uni-Verwaltung mit monotoner Stimme. Doch leider können sie dem Opfer sexueller Gewalt nicht helfen. Der Täter habe gekündigt, damit sei der Fall erledigt. Für Agnes hingegen wird dieser traumatisierende Missbrauchsfall noch Jahrzehnte im Gedächtnis bleiben. „The Bad Thing“ nennt die Studentin, was an jenem verhängnisvollen Abend in der Wohnung ihres Professors passierte. Gezeigt wird bei der Tat lediglich die Fassade des Hauses, während es zunehmend dunkler wird. Dieses „Weniger-ist-mehr“-Prinzip sorgt für umso größere Beklemmung. „Ich weiß nicht, was passiert ist. Meine Hose ist kaputt“, wird das verwirrte Opfer auf der Heimfahrt im Auto sagen. Bei ihrer Mitbewohnerin findet Agnes eine verständnisvolle Zuhörerin. Das Gegenteil erlebt die junge Frau in der Klinik, wo ein erschreckend empathieloser Arzt seinen technokratischen Fragenkatalog abspult. Man spürt bei diesem Spielfilmdebüt, dass Autorin, Regisseurin und Schauspielerin Eva Victor sehr genau weiß, wovon sie bei diesem #MeToo-Drama erzählt. Inspiriert von eigenen Erfahrungen schildert sie mit großer Glaubhaftigkeit den Leidensweg eines ohnmächtigen Opfers. Der Täter, der scheinbar harmlose Mann aus dem Umfeld. Die Institutionen, denen es an Mitgefühl fehlt. Aber auch jene beste Freundin, die zum Rettungsanker wird. Immer wieder setzt Eva Victor auf klugen Humor und Ironie, um das Drama erträglicher zu machen - ohne die traumatische Erfahrung jemals aus den Augen zu verlieren. Mit dieser erfrischenden Leichtigkeit erreicht der Film sehr viel mehr als so manches bleischwere Betroffenheitskino.
Dieter Oßwald