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veröffentlicht am 17.09.2025 | Lesezeit: ca. 4 Min.

Authentically Plastic - Rococo Ruine cover

Authentically Plastic - Rococo Ruine cover, Foto © hakuna kulala

Und schon ist er wieder vorbei - der Sommer. 5 Wochen Portugal und leider keine Principé-Party, aber das steht noch aus. Bis dahin hören wir XEXA´s Album „Kissom“ [príncipe]. Die afrikanisch-portugiesische Produzentin, Sounddesignerin und visuelle Künstlerin aus Lissabon studierte an der Londoner Guildhall School of Music and Drama. Ihre Intention war es, „das Gefühl zu untersuchen, Musik als eine Umgebung zu hören, in der man lebt, und nicht als ein Geräusch, das einem den ganzen Tag über folgt.“ Ihr Debut enthält das Element von ihrer Präsenz, nicht nur durch ihren sofort erkennbaren Gesang, sondern auch manifestiert in dem Netz aus Grooves, die kurz vor dem „Tanzen“ haltmachen. „Kizomba 003“ ist eine reduzierte Form des Kizomba-Stils - ein sinnlicher, romantischer Paartanz, der seine Ursprünge in Angola hat und dort in den 1980er Jahren entstand. Er ist von afrikanischen Rhythmen und dem karibischen Zouk beeinflusst und zeichnet sich durch langsame, fließende Bewegungen und eine enge Verbindung der Partner aus. Aber ich würd mal sagen es ist ok, wenn mensch für sich frei nach eigenem Gusto sich bewegt.

Guy Alexander Brewer ist ein britischer Produzent elektronischer Tanzmusik aus Cambridge. Er veröffentlicht unter verschiedenen Synonymen wie Commix, Covered In Sand, Pacific Blue oder Shifted seit etwa 20 Jahren und kündigt nun sein Debüt „Rhythm Immortal“ [modern love] unter seinem Carrier-Alias an. Wie das renommierte Label aus Manchester, bei dem Acts wie Andy Stott und Demdike Stare beheimatet sind, vermuten lässt, geht es hier um klares, puristisches Sounddesign. Techno, Dub, Vocals - spoken Words, die sich nach vorne drängen - eine Kollaboration mit Voice Actor´s Noa Kurzweil sowie eine weitere mit dem Produzenten Memotone. „The intention is to create something that feels primal, and physical,“ so der Künstler. Der Groove ist verzerrt, stolpert und flattert und stellt unsere Vorstellung von Rhythmus als stabilen Puls durch Unvorhersehbarkeit und Zufall in Frage. Advanced Clubmusik!

Aus Uganda kommt diesmal für diese Kolumne „nur“ das Album „Rococo Ruine“ [hakuna kulala] von Authentically Plastic zur Erwähnung. Als DJ, Produzent und Künstler aus Kampala ist der Sound von Authentically Plastic zwangsläufig politisch. Von konservativen ugandischen Medien und Politikern als „Dämon des Nils“ bezeichnet, hat er nie davor zurückgeschreckt, Normen und Erwartungen zu durchbrechen. Mit seinem Nachfolger zu dem 2022 erschienenen „Raw Space“ legt er eine Sammlung aus sprudelnden Rhythmen und zähflüssigen Harmonien, die gleichzeitig in alle Richtungen strömen, vor, kaleidoskopisch und psychotrop. Alle Stücke wurden übrigens letztes Jahr im Palais Rössl in Wien aufgenommen und in Kampala abgemischt.

Auf dem Schwesterlabel gibt’s dann doch noch den Mix „Medio Grave“ von JLZ & GG [nyege nyege tapes]. 2 Mal ca. 15 Minuten auf Kassette und digital. Forró’ entstand in den ländlichen Regionen Nordostbrasiliens und ist ein lebendiges Musikgenre, das seit den 1930er Jahren den Soundtrack der gesellschaftlichen Zusammenkünfte und Feste der Region bildet. Traditionell geprägt durch das rhythmische Zusammenspiel von Akkordeon, Zabumba und Triangel hat sich Forró im Laufe der Jahrzehnte weiterentwickelt und verschiedene Subgenres hervorgebracht, darunter das zeitgenössische Piseiro – ein tastaturgesteuerter elektronischer Ableger, der traditionelle Instrumentierung in mitreißende, geloopte Grooves verwandelt. „Médio Grave“ ist ein Mixtape, das die Wahrnehmung von Forró hinterfragt und neu definiert und es in das musikalische Ökosystem der Soundsysteme und der schwarzen Diaspora integriert. Ausgewählt und gemischt von DJ und Produzent JLZ und Musikkritiker und Forscher GG Albuquerque, befasst sich das Mixtape mit den einzigartigen Klangmerkmalen des Genres und betont insbesondere die mittleren und hohen Frequenzen, die in den „Paredões“ dröhnen.

Sehr cooles Release kommt auch von dem mir bislang unbekannten in Kopenhagen ansässigen Muskila mit „Jah Nam“ [yuku]. Kurdische Dubs und Yoruba-Rhythmen prallen bei seinem Debüt für das Prager Label aufeinander. Neben den sechs Stücken mit u.a. Aunty Rayzor of Hakuna Kulala-Fame Feature finden sich zwei Remixe von Hassan Abou Alam und Toumba. Der Winter kann kommen!

stefan wagner

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