Distanz ist das große Thema des isländischen Musikerkollektivs múm, das auf „History of Silence" (Morr Music) über acht Stücke zeigt, wie sich elektronische und analoge Klänge aufnehmen, dekonstruieren, wieder zusammensetzen, verfeinern und schließlich kongruent synchronisieren lassen. Gegründet in Island Ende der 1990er Jahre, begannen die Mitglieder, sich auf Reisen um die Welt zu begeben, gemeinsam auf Tournee, auch einzeln, um neue Orte zum Leben und Schaffen zu erkunden. Sich niederlassen, weiterziehen, aufholen: Das Konzept der Distanz wurde bald zu einem integralen Bestandteil ihres kollektiven Prozesses. Die Arbeit am Album begann im Sudestudio in Süditalien, weitere Aufnahmen entstanden in Reykjavík, Berlin, Athen, Helsinki, New York und Prag, die Streicher wurden von Sinfonia Nord in der Hof-Konzerthalle in Akureyri aufgenommen. Die Arrangements ihrer Geschichte der Stille spiegeln ihre Ursprünge aus verschiedenen Jahreszeiten, Städten und Räumen wider, elektronische Texturen verschwimmen zu akustischen Klängen, Stimmen poppen auf und verschwinden, Melodien wackeln ungelenk und wiederholen sich, elfenartige, kontemplativ-kuschelige Soundscapes. Ein introspektives, oft unerwartetes und sich ständig wandelndes ambientes Album, mit intensiver Dynamik und höchster klanglicher Spannung.
Jürgen Parr