
Zieh' uff Null die Pfütze: Wilma (Fritzi Haberlandt) schließt Freundschaft mit ihrer trinkfesten Mitbewohnerin Matilde (Meret Engelhardt), Foto © © Neue Visionen Filmverleih
Kinostart: 31.7.; Regie: Maren-Kea Freese, Darsteller: Fritzi Haberlandt, Thomas Gerber, Stephan Grossmann u.a.
Wilma (Fritzi Haberlandt) kann fast alles: Sie ist Elektrikerin, Maschinistin, Schlosserin, Apfel-Expertin, hat Führungserfahrung, kann gut tanzen und ist nicht so leicht aus der Fassung zu bringen. Doch in der Lausitz des Jahres 1999 interessiert das niemanden. Nach dem Mauerfall ist hier fast die gesamte Industrie platt gemacht worden, die Menschen sind in Scharen weggezogen. Nun hat die Frau mit Mitte 40 ihren Job als Elektrofachverkäuferin verloren. Als Wilma auch noch mitbekommt, dass ihr Mann Alex (Thomas Gerber) sie mit ihrer besten Freundin betrügt, hat sie die Schnauze voll: Sie folgt der Einladung ihres Ex-Lovers und früheren Kollegen Martin (Stephan Grossmann) nach Wien und versucht einen Neuanfang. Der gestaltet sich erwartungsgemäß schwierig. Sie landet auf dem „Handwerkerstrich“, bietet sich also stundenweise für Elektroarbeiten an und lernt dabei den Maler Max (Simon Steinhorst) kennen. Und in dessen WG ist noch ein Zimmer frei, bei einer feministisch angehauchten Professorin (Meret Engelhart). Und dann ist da auch noch Anatol (Valentin Postlmayr) … „Schon lange hat mich die Selbstverständlichkeit beeindruckt, mit der sich Frauen in der Industrie der DDR in technischen Berufen behaupteten. Sie schienen ein anderes Frauenbild zu leben“, sagt Autorin und Regisseurin Maren-Kea Freese. Und so entwarf sie dieses stimmige Porträt einer Frau „aus dem Osten“, die gezwungen ist, frisch durchzustarten. Die wenig redet, sondern lieber tut. Ein Frauenbild, das Freese bewusst jenem der intellektuellen Linken entgegensetzt. Nicht nur in den Diskutierszenen in der WG schimmert ein sanfter Humor durch, göttlich auch jene Szene, in der Wilma asiatischen Wientouristen in zwei Stunden den Wiener Walzer beibringen will. So erleben wir diese Frau und ihre „Forschungsreise in eigener Sache“ (Freese) in einem kurzweiligen, mitunter bewusst etwas sperrigen Film mit einer wortkargen Protagonistin, die sich nicht unterkriegen lässt. Und im Zentrum: eine wie immer nuancenreich agierende Fritzi Haberlandt. Martin Schwarz