Gerade steht die Urlaubsplanung für August an und Portugal ganz oben auf der Liste. In Lissabon ist auch eines meiner Lieblings-Clubmusik-Labels beheimatet, Príncipe, „fully dedicated to releasing 100% real contemporary dance music coming out of this city, its suburbs, projects & slums. New sounds, forms and structures with their own set of poetics and cultural identity.“ Auch Noah Lennox aka Panda Bear, der seit einigen Jahren in der Stadt lebt, nennt die Príncipe-Partys als Tipp - leider gibt’s davon keine im August. Aber kürzlich kam die Compilation „Não Estragou Nada“ mit 37 Tracks unterschiedlicher Produzent*innen u.a. DJ Danifox, DJ Nigga Fox, DJ Lycox oder Nídia. Unveröffentlichte Tracks von früher und heute, eine Vision der Familie, die seit 2011 Musik released, Bassmusik mit Einflüssen von Kuduro und Ghetto, oder manche nennen es auch Housemusik. Die, die auch mir gefällt… +++ Ein Artist-Album wird auch gleich nachgeschoben: DJ Bebedera „Clássico“ [príncipe]. Danilo Furtado produziert Musik zwischen Guetto Zouk, Terrachinha, Afro-House, Terraxo und Samba. Auf seinem Album interpretiert er den Stil des Terraxo auf eine neue, eigene Weise. Schichten von Percussion, suggestiv und mit langsamen, aufgeladenem Tempo. Das Loslassen der Moral kann die große Anziehungskraft in der Musik sein. Sein Stil gilt seit Jahren als Geheimtipp in der Szene und auf dem Album finden sich Highlights der letzten 10 Jahre. +++ Auch von DJ Narciso gibt’s einen neuen Longplayer „Capítulo Experimental“ [principe]. Die erste Auskopplung „Só Vai“ macht neugierig, verlangsamter, tiefergelegter Bass, rhythmisch und doch unerwartet… +++ Die u.a. in Lissabon lebende afro-portugiesische Produzentin Nídia Borges aka Nídia veröffentlichte auch bereits mehrere Alben auf Príncipe, ihre letzte Zusammenarbeit mit der in London lebenden italienischen Schlagzeugerin und Komponistin Valentina Magaletti (Vanishing Twin) „Estradas“ erschien letztes Jahr jedoch auf dem französischen Latency-Label, wie jetzt auch die Neuinterpretationen: Nídia & Valentina „Estradas (Versions)“. Zu den 10 Remixer*innen zählen u.a. Dj Anderson do Paraíso fame of Nyege Nyege Tapes, der libanesisch-australische DJ Plead [livity sound, ad 93] und der in LA lebende dominikanische Produzent Kelman Duran sowie der libanesische Komponist und Multiinstrumentalist Charif Megarbane [habibi funk] und sein Cosmic Analog Ensemble. +++ Die aus Kampala, Uganda kommende Catu Diosis ist DJ, Produzentin, Journalistin und Mode-Designerin und gehört zum Kern der Nyege Nyege Crew, auf deren Schwesterlabel auch ihr Debut „Anyim“ [hakuna kulala] erscheint. 7 Tracks von mutiertem Afrohouse, schrägem Batida und langsam brennendem Kuduro. Skelett-Percussion-Gitter, die von atemhaften, Mantra-ähnlichen Vocals unterbrochen werden und eine Art zeremoniellen Minimalismus hervorrufen. Tolles Debut! +++ Auf gleichem Label kommt auch der neue, dritte Longplayer von MC Yallah & Debmaster „Gaudencia“ [hakuna kulala], die uns vor 2 Jahren auch in der Kantine am Künstlerhaus beehrt haben - muss ein grossartiger Abend gewesen sein. Ich hatte sie zuvor beim Le Guess Who?-Festival erlebt und war geflasht. Club-Explorationen aus Ost Afrika, dem kongolesischen Electronic Underground und darüber hinaus. Wieder einmal ist es Yallahs Geschicklichkeit am Mikrofon, die sie von ihren Kolleg*innen unterscheidet. Sie rappt, singt und freestylt in Englisch, Luganda, Luo und Kiswahili über Debmasters Beats und formuliert ihren eigenen eigenwilligen Fluss, ohne sich Sorgen machen zu müssen, in der Übersetzung verloren zu sein. "Auch wenn sie es nicht verstehen, ist es die Wirkung, die ich auf sie habe", sagte sie. +++ Ganz schön durchgeknallt begegnet uns das kommende Album von DJ K „Radio Libertadora !“ [nyege nyege tapes] mit der ersten Single. +++ Nicht vergessen werden sollte auch DJ Haram´s klasse Debutalbum „Beside Myself“ [hyperdub], auf dem sich einige Kollaborateur*innen einfinden - „a syncretic ensemble built on middle eastern music“ und Lucrecia Dalt´s grossartiges neues Werk „A Danger To Ourselves“ [rvng int.]. Habt einen tollen Sommer!
stefan wagner