Film
 

„Einen Karriereplan gibt es bei mir nicht.“

August Diehl

Interview mit August Diehl zu „Die Abenteuer des Huck Finn" - Filmstart: 20.12.

Für „23" bekam er den Bundesfilmpreis, da war er selber erst gerade 23 Jahre alt. Noch auf der Schauspielschule engagierte Peter Zadek den jungen August Diehl, danach holte ihn Luc Bondy ans Wiener Burgtheater. Nachdem er auf der Berlinale zum europäischen „shooting star" gekürt wurde, ging es mit der Karriere steil bergauf. Ob als romantischer Liebhaber in „Kalt ist der Abendhauch" oder Serienkiller in „Tatoo". Auch Hollywood klopfte an: Mit Brad Pitt spielte er in „Inglourious Basterds" von Quentin Tarantino, mit Angelina Jolie in „Salt". Nun tritt Diehl als versoffener Vater im Klassiker „Die Abenteuer des Huck Finn" auf. Mit dem Schauspieler sprach Dieter Oßwald.

Doppelpunkt: Herr Diehl, wie kommt es, dass Sie erst jetzt zum ersten Mal in einem Kinderfilm mitspielen? Nimmt man das Genre als Schauspieler nicht so ernst wie andere?
Diehl: Über das Genre habe ich mir vorher und während des Drehen gar keine großen Gedanken gemacht, sondern ich spielte auch diese Figur einfach so, wie ich meine Rollen in jedem Film spiele. Da macht es keinen Unterschied, ob es sich um einen rebellischen Studenten handelt oder einen versoffenen Vater, der seinen Sohn vernachlässigt.
Doppelpunkt: Wie sehen ihre Kindheitserinnerungen an „Die Abenteuer des Huckleberry Finn" aus?
Diehl: Die Fernsehserie und die anderen Verfilmungen habe ich nie geschaut und kenne sie bis heute nicht. Das Buch habe ich natürlich verschlungen und war als 13jähriger vor allem von Tom Sawyer begeistert. Diese Erinnerungen spielten durchaus eine Rolle für mein Interessen an diesem Projekt. Zudem bietet in diesem Land ein Kinderfilm wohl die einzige Möglichkeit, eine Art von Western zu drehen. (lacht)
Doppelpunkt: Was ist das Besondere an der Story von Mark Twain?
Diehl: Mich begeistert die enorme Unabhängigkeit und die Freiheit dieser beiden Kinder, die ganz einfach immer das machen, was ihnen gefällt. Neben diesen Lausbubengeschichten und den ganzen Abenteuern bietet die Geschichte zudem diese mehr ernsthafte Ebene, in der es um Sklaverei und Menschenwürde geht.
Doppelpunkt: Welche Erinnerungen haben Sie an Quentin Tarantino mit „Inglourious Basterds"?
Diehl: An Tarantino erinnere ich mich wahnsinnig gerne, diese Dreharbeiten waren ein echtes Fest für mich. Quentin ist ein Regisseur, der das Kino neu erfunden hat und dabei ein unglaubliches Kinokind ist. Wenn das ansteckend auf die Schauspieler wirkt, gerät das zum größten Glücksfall, den man sich in diesem Beruf wünschen kann.
Doppelpunkt: Kam durch Tarantino ein Karriere-Kick, gab es verstärkte Anfragen aus Hollywood?
Diehl: Es gab dadurch natürlich vermehrt internationale Angebote, aber international bedeutet ja nicht automatisch unbedingt bessere Rollen. Ich habe bewusst vieles nicht gemacht und mich verstärkt dem Theater gewidmet.
Doppelpunkt: Zuletzt haben Sie mit Pete Doherty gedreht, wie ist der Skandalbube bei der Arbeit vor der Kamera?
Diehl: Von skandalös habe ich absolut nichts gespürt, Pete ist ein sehr sensibler und intelligenter Mensch. Wir haben uns richtig gut verstanden und sind mittlerweile Freunde geworden.
Doppelpunkt: Wie sieht der Karriereplan des August Diehl aus?
Diehl: Einen Karriereplan gibt es bei mir nicht, ich spiele einfach nur die Rollen, die mir Spaß machen.
Doppelpunkt: Ihr Ex-Kollege Daniel Brühl hegt eigene Regiepläne, wie steht es bei Ihnen mit solchen Ambitionen?
Diehl: Ja gerne, irgendwann einmal, wenn es sich ergibt. Im Moment macht mir die Schauspielerei allerdings so viel Spaß, dass ich gar nicht die Zeit für eine Regie hätte.
Doppelpunkt: Hätten Sie Zeit für einen „Tatort"-Kommissar?
Diehl: Das käme darauf an, wie das Drehbuch geschrieben ist und wie die Rolle aussieht.
Doppelpunkt: Was macht eine gute Rolle aus?
Diehl: Entscheidend für eine gute Rolle ist ihre Ambivalenz und Widersprüchlichkeit. Eine Figur darf nicht flach sein, sondern man muss immer verstehen, was sie tut.
Doppelpunkt: Haben Sie Vorbilder unter den Schauspielern?
Diehl: Es gibt Schauspieler, die ich verehre. Aber es ist nicht so, dass ich nun so sein wollte, wie die. Dazu hat die Arbeit zu sehr mit dem Menschen hinter der Rolle zu tun. Ein guter Schauspieler bringt sich schließlich immer auch mit seiner eigenen Person in eine Figur ein uns ist kein Nachäffer von anderen.
Doppelpunkt: Wie neurotisch ist Ihr Beruf?
Diehl: Da ist bestimmt sehr viel Neurotisches dabei, schon allein deshalb, weil man sich dabei viel mit Menschen beschäftigt. Und die meisten Menschen sind eben neurotisch. Aber für mich hat es auch sehr viel mit Spaß zu tun. Das ist wie ein Kick.
Doppelpunkt: Sind Sie noch aufgeregt vor Dreharbeiten?
Diehl: Bei jeder Szene! Lampenfieber habe auf der Bühne und vor der Kamera. Wobei ich versuche, dieses Aufgeregtsein zu bewahren. Ich habe eher Angst davor, vor allem bei Nachtdrehs oder am Nachmittag, in diesen Normalzustand zu verfallen. Das ist gefährlich, weil sich dann schnell eine Fantasielosigkeit und Gemütlichkeit einschleichen können.

Dieter Oßwald

Stand: 12.12.2012

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