Film
 

„Ein Film ist immer harte Arbeit“

Julie Delpy

Interview mit Julie Delpy  zu „2 Tage in New York" - Filmstart 5.7.

Sie kam als Tochter eines Schauspieler-Ehepaares in Paris zur Welt und stand bereits als Fünfjährige neben ihren Eltern auf der Bühne. Mit 14 trat Julie Delpy in Jean-Luc Godards „Detective" auf, später engagierten sie Regisseure wie Leos Carax (Mauvais Sang), Volker Schlöndorff (Homo Faber) oder Jim Jarmusch (Broken Flowers). Mit Richard Linklater drehte sie die Lovestorys „Before Sunrise" und „Before Sunset", ähnlich munter romantisch ging es in ihrer eigenen Regiearbeit „2 Tage Paris" zu. Nach dessen großem Erfolg folgt nun die Fortsetzung, diesmal in New York. Mit der Regisseurin, Autorin und Hauptdarstellerin unterhielt sich Dieter Oßwald.

Doppelpunkt: Der erste Streich war ein enormer Erfolg, wie groß war für Sie der Erwartungsdruck dieser Fortsetzung?
Delpy: Davon wollte ich mich gar nicht beeindrucken zu lassen. Ich habe versucht, einfach meine beste Arbeit als Autorin, Regisseurin und Darstellerin abzuliefern. Die Fortsetzung sollte den gleichen Tonfall haben wie das Original, zugleich wollte ich keine bloße Kopie machen. Das Planziel war, dass der zweite Film mindestens so gut wird wie der erste, die Hoffnung war, dass er noch besser gerät (lacht).
Doppelpunkt: Waren Sie diesmal entspannter als bei Ihrem Debüt damals?
Delpy: Im Gegenteil, zum einen hatten wir mit finanziellen Problemen zu kämpfen, zum anderen sind Dreharbeiten in New York zwangsläufig anstrengend. Die Leute sind zwar alle nett und arbeiten hart, aber es gibt ständig diese Auflagen der Gewerkschaften und auch die Suche nach passenden Drehorten gestaltet sich ziemlich aufwändig. Es war echt harte Arbeit - aber schließlich ist jeder Film immer ein harter Job.
Doppelpunkt: Macht der Job denn nur Mühe und nie Spaß? Ihr Film wirkt recht unangestrengt...
Delpy: Es gibt natürlich auch Momente, die einem Spaß machen und die man genießt. Aber die ständigen Herausforderungen dominieren. Bei aller Leichtigkeit, die so ein Film später ausstrahlt, darf man nie vergessen, dass der Dreh einer Komödie viel schwieriger ist als eines Dramas. Bei ernsten Szenen kann man immer noch irgendwie etwas retten, aber wenn eine Pointe nicht funktioniert, dann hat man verloren.
Doppelpunkt: Wann wissen Sie, ob Ihr Kuchen gelungen ist?
Delpy: Man hat ein gewisses Gespür für Komik, aber sich die ganze Wahrheit erweist sich erst beim Schnitt. Wenn man während der Dreharbeiten die täglichen Aufnahmen anschaut, lässt sich noch nicht eindeutig sagen, ob die Pointen tatsächlich auch funktionieren werden. Ganz entscheidend für eine Komödie sind Rhythmus und genaues Timing, was sich erst später am Schneidetisch ergibt.
Doppelpunkt: Wie komisch ist es, mit dem eigenen Vater einen Film zu drehen?
Delpy: Die Arbeit mit meinem Vater ist großartig, weil ich ihn sehr liebe. Gleichzeitig ist es nicht immer so ganz einfach, weil er sich von mir nicht gerne etwas sagen lässt. Bisweilen muss ich schon ziemlich mit der Faust auf den Tisch hauen - nein, das war nur Spaß. Wir haben ein wunderbares Verhältnis und verstehen uns prächtig.
Doppelpunkt: Welchen Einfluss hatten Ihre Eltern auf Ihre Schauspiel-Karriere?
Delpy: Direkt eingemischt haben sich meiner Eltern in meine Arbeit nie, sie haben mir vielmehr immer nur Vorschläge gemacht. Wir haben uns gemeinsam sehr oft Filme angeschaut, wodurch man ein gutes Gespür für die Schauspielerei bekommt. Von solchen ganz konkreten Beispielen, ob nun gut oder eher schlecht, kann man sich sehr viel für den eigenen Stil abschauen.
Doppelpunkt: Sie haben Ihre Karriere bei Jean-Luc Godard begonnen, was sind Ihre Erinnerungen an den Kult-Regisseur?
Delpy: Ich habe viele schöne Erinnerungen an Godard, er war für mich ein ganz liebenswerter Typ. Er konnte bisweilen ziemlich hart gegenüber seinen Schauspielern sein, aber er war immer absolut fair dabei. Als er erfuhr, dass ich selbst Regie führen wollte, schrieb er mir einen Brief und riet: ‚Gehe deinen ganz eigenen Weg und schiele nicht auf die übliche Karriere'. Daran habe ich mich gehalten.
Doppelpunkt: Wie hart sind Sie zu Ihren Akteuren?
Delpy: Ich kenne zu viele Regisseure, die zu früh aufgegeben haben. Ich bin beim Drehen lieber streng, um ein gutes Ergebnis zu bekommen. Wenn der Film gut wird, wird einem die Härte später vom allen Mitwirkenden gerne verziehen. Umgekehrt wird keiner einen schlechten Film mögen, nur weil es nette Dreharbeiten waren.
Doppelpunkt: Ihre Komödie handelt vom Zusammenprall der Kulturen, was sind für Sie die größten Vorurteile der Amerikaner über Europa?
Delpy: Für Amerikaner gelten wir Franzosen als zu freigeistig was oft als freizügig verstanden wird. Aus persönlicher Erfahrung kann ich berichten, dass jeder Amerikaner, mit dem ich ein Rendezvous hatte, mir ein ganz verrücktes Liebesleben unterstellt hat - was absolut nicht stimmt. (lacht). Aber in Amerika haben Französinnen offensichtlich ein sehr frivoles Image. Dabei sind wir vermutlich weit weniger promisker als Amerikanerinnen.
Doppelpunkt: Welche Erfahrungen mit männlichen Vorurteilen haben Sie in Deutschland gemacht?
Delpy: Für deutsche Männer haben starke Frauen keine Zweifel. Mein Kameramann war deswegen öfters irritiert und meinte, als starke Frau müsste ich doch wissen, was ich wolle. Da musste ich ihn dann etwas aufklären: ‚Auch starke Frauen können zögern, nur Idioten haben keine Zweifel.' Für mich jedenfalls ist Stärke überhaupt kein Widerspruch zu Sensibilität und Weiblichkeit.
Doppelpunkt: Wie schon beim ersten Mal hat Daniel Brühl wieder einen Gastauftritt, was gefällt Ihnen an dem?
Delpy: Daniel ist ein ganz wunderbarer Schauspieler. Er besitzt diese besondere Qualität, hat etwas ganz Natürliches und Pures. Bei amerikanischen Schauspielern findet man das nicht. Wer dort gut aussieht, ist gleich entsprechend eingebildet. Daniel ist da ganz anders...
Doppelpunkt: Was soll das Publikum aus Ihrem Film mitnehmen?
Delpy: Mir genügt es schon vollkommen, wenn sich die Zuschauer prima amüsieren. Vielleicht kommen einige durch mein Beispiel ja auf die Idee, ebenfalls ihre Seele auf Ebay zu versteigern. (lacht)

Dieter Oßwald

Stand: 28.06.2012

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