Film
 

„Dem Publikum verlockende Bilder bieten.“

Maggie Peren

Interview mit Maggie Peren  zu „Die Farbe des Ozeans" - Filmstart: 17.5. 

Sie hat die Drehbücher von Komödien wie „Mädchen, Mädchen", „Freche Mädchen" und „Stellungswechsel" geschrieben. Aber auch die Vorlagen für „Napola - Elite für den Führer" oder „Hände weg von Mississippi" von Detlev Buck. Für das Drehbuch von „Kiss and Run" erhielt Maggie Peren den Grimme-Preis, für das Skript für „Napola" den deutschen Filmpreis. Nach eigenem Drehbuch inszenierte sie nun mit „Die Farbe des Ozeans" die Geschichte einer jungen Frau, die im Urlaub vor die Frage gestellt wird, ob und wie sie einem afrikanischen Flüchtling und seinem Sohn helfen soll. Mit der Autorin und Regisseurin unterhielt sich unser Mitarbeiter Dieter Oßwald.


Doppelpunkt: Wie kommt man von „Mädchen, Mädchen" und „Stellungswechsel" zu einem Drama über Asylanten?
Peren: Der Eindruck mag etwas täuschen, weil nicht jeder meiner Stoffe verfilmt wurde. Tatsächlich halte ich gerne die Balance und wechsle beim Schreiben von Komödie zum Drama. Zwischen „Mädchen, Mädchen 2" und „Stellungswechsel" gab es beispielsweise „Napola - Elite für den Führer", also einen durchaus politischer Stoff.
Doppelpunkt: Wo liegt der Unterschied beim Schreiben zwischen Drama und Komödie?
Peren: Beim Drama muss man sich mit viel Recherche richtig in ein Thema wühlen, bei einer Komödie machen die Gags den arbeitsintensiven Teil aus, weil es dafür immer vieler Fassungen bedarf. Um dabei nicht festzufahren, finde ich es sinnvoll, regelmäßig das Genre zu wechseln. Wobei Komödien sich immer leichter finanzieren lassen als ein Drama, dessen Drehbuch bisweilen leider unverfilmt bleibt.
Doppelpunkt: Wie gefährlich sind die Kitsch- und Klischee-Klippen bei einem Drama über Asylanten?
Peren: Die Gefahr besteht, weshalb ich mich dem Thema mit mehreren Versionen genähert habe. Ursprünglich war die Heldin eine Journalistin, die eine Reportage über Flüchtlinge schreibt. Dieses Vorwissen hätte den Film zu einem Lehrstück werden lassen, was er keinesfalls sein möchte. Aus der Journalistin wurde deswegen eine ganz normale Urlauberin, die eigentlich so ahnungslos ist wie die meisten von uns. Um Filme zu machen, bedarf es natürlich einer Haltung zum Thema. Aber diese Haltung darf nie zur Besserwisserei ausarten.
Doppelpunkt: Wie groß ist die spontane Abwehrhaltung des Publikums gegen ein sperriges Thema wie Asyl?
Peren: Um dieser Abwehrhaltung zu begegnen, haben wir uns bewusst dafür entschieden, dem Publikum visuell etwas zu bieten. Wir wollten keinen Problemfilm machen, der auch noch wie ein Problemfilm aussieht. Wir setzen auf verlockende Bilder, deren Ästhetik bisweilen fast an Werbung erinnert. Zum Beispiel schöne Frauen am Strand mit Sand auf der Haut.
Doppelpunkt: Wie weit wird der Erfolg von Aki Kaurismäkis Asylantendrama „Le Havre" Ihrem Film helfen?
Peren: Kaurismäki hat einen ganz wunderbaren Film gemacht, was uns hoffentlich hilft. Wobei sich das Publikum nach meinen Erfahrungen auf den Festivals von Hof, Saarbrücken oder Toronto bei uns keineswegs vor den Kopf gestoßen fühlt, sondern der Film wurde vielfach als sehr schön empfunden. Was damit zusammenhängen mag, dass wir den Film als Parabel erzählen.
Doppelpunkt: Ihre Heldin hilft spontan einem Flüchtling – wie würden Sie sich in so einem Fall  verhalten?
Peren: Ich würde mich immer für das Helfen entscheiden, auch wenn man dabei Fehler macht. Unsere Welt ist so komplex, dass sich immer tausend Gründe finden lassen, warum man nicht helfen sollte. Aber ich finde es wichtig, dass man immer hilft, selbst wenn es auf den zweiten Blick absurd erscheinen mag, Nahrungsmittel zu schicken statt die Probleme an der Wurzel zu bekämpfen. Die langfristige Hilfe ist schließlich kein Gegenargument gegen eine Hilfe sofort.
Doppelpunkt: Wie würde für Sie eine langfristige Hilfe aussehen?
Peren: Wir müssten zum Beispiel aufhören, mit unseren hoch subventionierten Lebensmitteln die Märkte etwa im Senegal kaputt zu machen. In den dortigen Supermärkten gibt es so gut wie keine heimischen Produkte mehr. Wäre das anders, würde es den Menschen dort besser gehen und viel weniger wären gezwungen, ihr Glück in der Flucht zu suchen und dabei ihr Leben zu riskieren.
Doppelpunkt: Sie saßen hier zum zweiten Mal für einen Spielfilm auf dem Regiestuhl - ist das Drehen bei Wind und Wetter  nicht mühseliger als das Schreiben im trauten Heim?
Peren: Wenn ich die Wahl zwischen Schreiben und Inszenieren hätte, würde ich mich ganz klar für die Regie entscheiden. Als Autor ist man sehr alleine, als Regisseur hat man immer ein ganzes Team um sich, das ständig neue Einfälle beisteuert. In dieser gemeinsamen Arbeit tun sich viel schöne Dinge auf, die sich bei der einsamen Arbeit gar nicht ergeben.
Doppelpunkt: Wie weit hilft ein „Grimme"-Preis, neue Projekte zu finanzieren?
Peren: Ein „Grimme"-Preis ist sehr schön, aber er ist nicht die Garantie für die Finanzierung des nächsten Projektes. Im Unterschied zu Ärzten, die irgendwann Oberärzte werden, beginnt man als Filmemacher bei jedem Projekt wieder von Neuem. Natürlich hilft einem die Erfahrung, aber im Grunde fängt man in diesem Job jedes Mal von vorne an.
Doppelpunkt: Woran liegt es, dass der Anteil der Frauen bei der Regie so gering ist, in 65 Jahren Cannes gab es lediglich eine Gewinnerin der Goldenen Palme.
Peren: Der entscheidende Grund liegt sicher darin, dass sich diese doch sehr langen Arbeitstage nur schwierig mit der Rolle einer Mutter unter einen Hut bringen lassen. Ich war während der Dreharbeiten schwanger und bin nun Mutter eines kleinen Sohnes. Ich habe eine gewisse Ahnung davon bekommen, was es heißt Mutter zu sein. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass Männer einfach mehr zu Extremen neigen - die ganz Wahnsinnigen, ob nun Regisseure oder Köche, gibt es eben meist nur in der männlichen Form. (lacht)

Dieter Oßwald

Stand: 11.05.2012

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