Film
 

"Frauen sind ganz klar die besseren Politiker"

Luc Besson

Interview mit Luc Besson  zu „The Lady – Ein geteiltes Herz" - Filmstart: 5.4.

In seinem Debüt „Der letzte Kampf" spielte der junge Fritz Wepper einst die Hauptrolle eines Endzeit-Kriegers. Inzwischen zählt Luc Besson längst zu den erfolgreichsten Regisseuren Frankreich. Zu seinen frühen Werken gehören der coole Glamour-Krimi „Subway", das mystische Meeres-Drama „Im Rausch der Tiefe" oder der düsteren Krimi „Nikita". Mit dem Science-Fiction-Spektakel „Das fünfte Element" inszenierte Besson den teuersten Film Frankreichs, mit „Arthur und die Minimoys" gelang ihm ein Animationserfolg, der zwei Fortsetzungen fand. Nun erzählt der Regisseur die Geschichte der politischen Aktivistin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyis, die in Burma viele Jahre unter Hausarrest stand. Mit Luc Besson sprach Dieter Oßwald.

Doppelpunkt: Hatten Sie Kontakt mit Aung San Suu Kyi seit ihr Hausarrest aufgehoben wurde?
Besson: Ich hatte sie schon gleich nach unseren Dreharbeiten getroffen. Das war eine ganz besondere Begegnung, weil diese Frau dermaßen viel Güte, Freundlichkeit und Demut ausstrahlt. In unserer zynischen Gesellschaft, in der in allen Bereichen gelogen und betrogen wird, sind solche wahrhaft guten Menschen eine echte Rarität. Eine Begegnung mit ihr ist eine Lektion in Bescheidenheit. Wer sie kennen lernt, wird sich die nächsten fünf Jahre hüten, sich über irgendetwas zu beschweren.
Doppelpunkt: Hat Ihr Film dazu beigetragen, dass die Militärregierung den langjährige Hausarrest beendet haben?
Besson: Das sollten besser andere beantworten. Von verschiedenen Seiten wurde mir erzählt, dass der Film zu der Freilassung beigetragen habe – was mich glücklich machen würde. Eines wird „The Lady" aber auf alle Fälle erreichen: Er macht dieses Unrecht für alle Zeiten öffentlich, Millionen von Menschen auf der ganzen Welt werden davon erfahren und die Militärregierung kann ihre üble Vergangenheit nie wieder vertuschen.
Doppelpunkt: Was hat Aung San Suu Kyi zur Idee für dieses Filmprojekt gesagt?
Besson: Wir zeigen Ihre Aussage ganz am Schluss im Film: „Benutzt eure Freiheit, um unsere Freiheit zu erreichen!" – das ruft sie allen Künstlern in der Welt zu.
Doppelpunkt: Wie ist das Verhältnis von Wahrheit und Dichtung bei Ihrer Darstellung? Etwa, wenn der General sich bei einer Wahrsagerin politische Ratschläge holt...
Besson: Dass sich die Generäle bei Wahrsagern ihren Rat holen ist verbürgt. Dass es genau diese Frau war und sie später erschossen wurde, das ist künstlerische Freiheit. Tatsache ist allerdings, dass Wahrsager von den Machthabern umgebracht wurden, wenn ihnen die das Gesagte nicht gefiel. Tatsache ist ebenfalls, dass die Farbe der Nationalfahne geändert wurde, weil eine Astrologin das empfohlen hatte.
Doppelpunkt: Die Szenen brutaler Militärs, die auf Demonstranten einprügeln, erinnern aktuell an den arabischen Frühling oder Syrien – gibt es ein Muster von Diktatoren-Verhalten?
Besson: Solche Muster sind in der Geschichte immer wieder zu beobachten, denken Sie nur an die Könige vor der französischen Revolution: Menschen kommen zu Macht und kennen ihre Grenzen nicht mehr. Sie wollen immer mehr Macht und Geld, während ihr Volk verhungert. Ein Volk, das nichts mehr zu verlieren hat, wird sich jedoch immer erheben gegen seine Peiniger.
Doppelpunkt: Im Unterschied zur französischen Revolution setzt Aung San Suu Kyi auf den totalen Pazifismus bei ihrem Widerstand...
Besson: Meines Wissens ist San Suu Kyi die einzige Politikerin, die beim Kampf für mehr Demokratie ausschließlich auf friedliche Mittel setzt. Zu Zeiten von Gandhi gab es in Indien viele Tote und in Ägypten ist es heute nicht anders. Diese völlige Friedfertigkeit macht diesen Protest so faszinierend: Denn wenn San Suu Kyi damit gewinnt, beweist es den Erfolg dieser Idee.
Doppelpunkt: Sie gelten als Macher von Macho-Streifen, von „Nikita" über „Léon" und „Taxi" bis zum blutigen Rächerdrama „Taken" – wie passt dazu dieses Porträt einer Friedensnobelpreisträgerin?
Besson: Bei „Taken" oder „Taxi" war ich nur der Produzent, das sind Sachen, die man aus purem Spaß macht. Meine Filme als Regisseur sind sehr viel ernsthafter und emotionaler. „Im Rausch der Tiefe" etwa geht es um einen Taucher, der sich entscheiden muss zwischen dem Meer und einer Frau. Das ist gar nicht so weit weg von „The Lady", wo es um die Entscheidung zwischen der Politik und der Liebe geht. Auch bei „Léon" würde ich trotz aller Action behaupten, dass es in 80 Prozent des Films um die Beziehung zwischen einem Mann und einem kleinen Mädchen geht.
Doppelpunkt: Wie begegnet man der Gefahr, aus der Heldin keine Heilige zu machen?
Besson: Zum einen, in dem man möglichst realistisch inszeniert mit einer Kamera, die stets ganz dicht an der Person ist. Zum anderen, in dem man sie als ganz normalen Menschen zeigt: Als Mutter, die sich liebevoll um ihre Kinder und ihren Ehemann kümmert oder in der Küche das Essen vorbereitet. San Suu Kyi ist keine Heilige, sie ist ein Mensch, der die Welt besser machen möchte. Für eine so zierliche Frau, die nur 55 Kilo wiegt, ist das eine imposante Leistung.
Doppelpunkt: Sind Frauen die besseren Politiker?
Besson: Frauen sind ganz klar die besseren Politiker, denn sie haben ein besseres Verständnis für das Leben – schließlich sind sie es, die das Leben schenken. Männer sind seit Beginn der Menschheit die Jäger, dieses Denkmuster steckt bis heute den Köpfen. Kriege werden von Männern erklärt, sie sind es die kämpfen und andere töten. Frauen hingegen gebären neues Leben.
Doppelpunkt: Die Militärs haben Aung San Suu Kyi eine Regierungsbeteiligung angeboten – wird dieses Versprechen gehalten werden oder ist das ein erneuter Trick?
Besson: Wenn die Generäle erneut mit falschen Karten spielen, wäre das ein fataler Fehler, denn sie riskieren dabei mehr als San Suu Kyi. Deswegen werden sie ihr eine Beteiligung an der Regierung anbieten. Und ich bin fest davon überzeugt, dass wir San Suu Kyi noch frei gewählte Präsidentin eines demokratischen Landes erleben werden.

Dieter Oßwald

Stand: 29.03.2012

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