„Liccle Bit", von Alex Wheatle, Kunstmann, 252 S., 18 Euro
Im Stadtviertel South Crongton, in dem Alex Wheatles Jugendromane spielen, treffen englische und afroamerikanische Einflüsse zusammen. Doch Wheatle, der 1963 als Sohn jamaikanischer Einwanderer in England geboren wurde und nach den Brixton-Aufständen Zeit im Gefängnis absaß, wurde obendrein von Fantasy-Ikone J. R. R. Tolkien inspiriert – genau genommen von dessen fiktiver, vielseitiger Weltenschöpfung Mittelerde.
Deshalb findet man Wheatles South Crongton auch auf keiner südenglischen Karte. Nichtsdestotrotz nutzt Wheatle seinen erdachten Block in „Liccle Bit. Der Kleine aus Crongton" für ein starkes Portrait schwarzer Jugendlicher zwischen Familie, Schule, Liebe, Ambition, Hoffnungslosigkeit, Ghettokultur und Bandenkriminalität. All diese Dinge prägen den Alltag des vierzehnjährigen Ich-Erzählers Lemar Jackson, der aufgrund seiner geringen Körpergröße den Spitznamen Liccle Bit weg hat. Trotzdem fährt er auf das heißeste Mädchen der Schule ab, während er zugleich von einer Zukunft als Künstler träumt. Das nötige Talent hat er sogar, allerdings ist es gar nicht so leicht, in Crongton etwas aus sich zu machen oder den Absprung zu schaffen. Es hilft zudem nicht gerade, dass Bits Vater bei seiner neuen Familie lebt oder seine Schwester ein Baby von ihrem Ex hat, bei dem es sich um den gefürchteten Obergangster von South Crongton handelt. Durch ihn wird Lemar nämlich in den eskalierenden, blutigen Bandenkrieg hineingezogen, der die Bewohner Crongtons in Atem hält.
Für ein klassisches Jugendbuch scheint „Liccle Bit" manchmal fast zu realistisch und zu hart – aber vermutlich erreicht man exakt mit dieser Sprache und dieser Darstellung der Themen die Zielgruppe. Obwohl Wheatles knackiger Roman ebenso gut als Krimi für Erwachsene taugt. Schön, dass bereits weitere Romane von Alex Wheatle bei Kunstmann in Vorbereitung sind.
Christian Endres
Stand: 09.04.2018
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