3000 Jahre Geschichte

„Die Brücke über den Main", von Roman Rausch, Rowohlt Taschenbuch Verl., 539 S., 10,99 Euro

Ehrlich gesagt, war ich nicht besonders angezogen von dem historischen Roman, der sich um die Alte Mainbrücke in Würzburg dreht. Aber schon nach wenigen Seiten war ich fasziniert von der gelungenen Mischung aus Sachbuch und fiktiver Erzählung. Roman Rausch beginnt seine "Brückengeschichte" in der keltischen Zeit, mit der ersten Besiedelung des Maintals und endet in der Zeit des zweiten Weltkrieges, mit der Sprengung der Brücke durch die Nazis. Dabei verwendet der Autor einen Kunstgriff, der den Leser sofort in einen Bann zieht: einzelne Kapitel beleuchten eine Epoche, welche die Personen im historischen Umfeld plastisch darstellen. Hier vermischt er reale Persönlichkeiten der Würzburger Stadtgeschichte, wie den ersten Bischof Burkhard, Kaiser Barbarossa oder den Erbauer der Residenz, Balthasar Neumann, mit erfundenen Charakteren aus dem allgemeinen Volk. Dadurch vermittelt er lehrreich, spannend und unterhaltsam zugleich Alltagsgeschichte und lässt sonst trockene Fakten sehr lebendig werden. Besonders gut sind die (farblich abgehobenen) Einschübe nach jedem Kapitel, die einen sachlichen Blick auf die damalige Weltlage geben und dem Leser sehr deutlich veranschaulichen, wie sich das Verhältnis von Klerus, Adel und Volk, insbesondere im Mittelalter, gestaltet hat. Mit den ersten Kapiteln wird einem bewusst, wie schwierig und mit wieviel Scheitern verbunden allein der Bau des Bauwerks von statten ging. Handel und Transport lief anfangs nur über Fährverkehr. Im Laufe der Zeit blühte die Stadt durch den wachsenden Fernverkehr auf. Die Brücke hat viele Bischöfe kommen und gehen sehen, unzählige Kaufleute haben sie mit ihren Karren passiert und so manche "Hexe" wurde von ihr hinab in die Fluten des Mains gestoßen. Sehr ansprechend, flott und unterhaltsam geschrieben hat mich dieser historische Brückenroman absolut überzeugt. Durchaus nicht nur Würzburgern zu empfehlen!

chriso