„Der Fall Hildegard von Bingen" von Edgar Noske, Emons Verlag 2015, Broschur, 305 Seiten, 10 Euro
Verlagsjubiläen haben für die Leserschaft nicht selten etwas sehr Positives, feiert der betreffende Verlag doch gerne mit der Herausgabe einiger Erfolgstitel für schmales Geld. Der in Köln ansässige Emons Verlag, der vor allem bei Freunden von Regionalkrimis einen sehr guten Ruf genießt, hat sein Programm über die Jahre immer mehr ausgebaut und strebt derzeit auch ein reichhaltigeres, allgemeines Belletristik-Programm an.
Das 30-jährige Verlagsjubiläum war nun Anlass zu einer kleinen, sehr schönen Broschur-Edition, darunter auch den erstmals 1999 veröffentlichten, Roman „Der Fall Hildegard von Bingen". Nun altert ein solches Buch zum Glück nicht, und so ist es eine Freude, jene Geschehnisse zu verfolgen, die sich im Jahre 1177 auf dem Gelände des Klosters Rupertsberg ereignen. Durch einen Zufall werden die sterblichen Überreste eines unbekannten Mannes gefunden. Allerdings geschieht jetzt nicht das vom Leser möglichweise Erwartete. Noske lässt weder eine Art Schwester Fidelma oder einen Mönch Cadfael mit ihren Untersuchungen beginnen, stattdessen entwirft der Autor in Rückblenden eine Art fiktive Biographie von Hildegard, natürlich eingebettet in die tatsächlichen historischen Geschehnisse jener Jahre. Hildegard hat in einer Vision ein neues Kloster für ihre Schwestern und sich auf dem Rupertsberg gesehen. Nun betreibt sie, die noch im Kloster Disibodenberg lebt, das Voranbringen dieses Projekts, das der Abt des Klosters Disibodenberg mit allen Mitteln verhindern will. Intrigen, Verleumdungen aber auch Anschläge begleiten den Weg von Hildegard zur Durchsetzung ihrer Vision, einen Weg, den sie in Rückblenden ihrem Biographen Wibert schildert. Die Ereignisse beginnen im Dezember 1147...
Dadurch, dass „Der Fall Hildegard von Bingen" eben nicht dem hergebrachten Muster folgt, wird er so lesenswert. Das geheimnisvolle Skelett bleibt dem Leser dabei immer im Hinterkopf wie auch einige Bemerkungen Hildegards, die sogar eine Verwicklung ihrer Person in die Geschehnisse vermuten lassen. Wie sich alles aufklärt, das schildert Edgar Noske jederzeit spannend und zwischendurch gespickt mit spritzigen Dialogen, gerade auch betrachtet aus heutiger Sicht. Das Buch ist im besten Sinne ein wunderbarerer Mittelalter-Schmöker.
Rainer Scheer
Stand: 21.07.2015
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