Filmstart: 22.3.; Regie: Josef Bierbichler
Darsteller: Josef Bierbichler, Simon Donatz, Irm Hermann, Sophie Stockinger
Edgar Reitz trifft Herbert Achternbusch trifft Gerhard Polt: Schauspiel-Urgestein Josef Bierbichler verfilmt sein Roman-Debüt „Mittelreich" als eigenwilligen Heimat-Film der rigorosen Art. Am Beispiel einer Bauern-Familie in der bayrischen Provinz zeigt er ein Zeitgeist-Mosaik des vorigen Jahrhunderts. Vom Ersten Weltkrieg über die Nazi-Zeit bis zum Wirtschaftswunder und die 70er Jahre. Der Witwer (Bierbichler) und sein entfremdeter Sohn versuchen sich mit einem Gespräch nach jahrelangem Schweigen. „Ich muss mich erinnern!", sagt der Alte und kramt in einer Kiste mit alten Schwarz-Weiß-Fotos. Mit Rückblenden erzählt er fortan als Ich-Erzähler, was sich seinerzeit zugetragen hat. Es folgt ein wahres Füllhorn surrealer Visionen, Verfremdungen sowie allerlei Provokationen. Die gute alte Blasmusik durch die subkulturellen Töne der „Kofelschroa"-Jungs frisch aufgemischt. Beim Faschingsball sorgt eine lüsterne Lady mit Hitlermaske für Aufregung derweil der Hausherr mit Wagner-Arien und Hölderlin-Zitaten am stürmischen Seeufer sein Lebensleid klagt. Unter eigener Regie hat der leinwandpräsente Bierbichler sichtlich Spaß, mit laut polternder Schale und tief verletztem Kern, dem Affen gehörig Zucker geben. Die Fassbinder-Muse Irm Hermann läuft gleichfalls zu Hochform auf und erinnert an Loriots legendäre Zugfahrt-Szene aus „Pappa ante Portas". Radikales Kino ist Mangelware auf heimischen Leinwänden. Dass dieser schräge Heimatfilm von der Berlinale abgelehnt und dem Bayrischen Filmpreis geschnitten wurde, kann allemal als ganz besonderes Kompliment gelten.
Dieter Oßwald
Stand: 14.03.2018
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